Was die Pandemie für Beziehungen bedeutet, warum manche Beziehungen jetzt zerbrechen und andere stärker werden und wie Du Deine Beziehung gegen die Folgen der Coronakrise impfen kannst
Die Coronakrise ist für mich in meiner Tätigkeit als Beziehungscoach ein sehr drastisches und einschneidendes Erlebnis. Kaum ein Ratsuchender kommt in meine Praxis, bei dem die Pandemie keine Auswirkungen auf die aktuelle Beziehungskrise gehabt hat. Wie die Pandemie sich auswirkt, ist dabei sehr individuell verschieden. Manche Paare kämpfen damit, sich überhaupt sehen zu können trotz lockdowns, Kontaktbeschränkungen oder ohne die Eltern zu gefährden. Andere Paare oder Familien kämpfen dagegen eher um persönlichen Freiraum, während die gesamte Familie sich auf engem Raum durch die Anforderungen durch home office, home schooling und Hausarbeit kämpft. Manche Menschen verlieren sich in Angst- sei es vor schwerer Erkrankung, sei es vor einem übermächtigen Staat. Singles leiden unter Einsamkeit oder den extrem eingeschränkten Möglichkeiten, einen potentiellen Partner kennenzulernen oder enge Bezugspersonen regelmäßig zu treffen. Und quer durch all diese Gruppen gibt es viele Menschen, die unter starken Einkommenseinbußen leiden, die ihren Beruf nicht mehr ausüben können oder – schlimmer noch- die ihre berufliche Existenz verlieren und sich praktisch unverschuldet in einem hohen Berg an Schulden wiederfinden.
Worunter Beziehungen leiden und was sie stärker macht
Die Coronakrise ist in der Lage, selbst gestandene, teils über Jahre und Jahrzehnte funktionierende Beziehungen schwer ins Straucheln zu bringen. Selbst langjährige, glückliche Ehen leiden häufig massiv unter den veränderten Bedingungen. Gleichzeitig gibt es auch das gegenteilige Phänomen: Beziehungen, die regelmäßig in die Krise geraten sind und wo immer wieder die Trennung im Raum stand, stabilisieren sich plötzlich durch den höheren Außendruck. Was genau sind also die Faktoren, die eine Beziehung stärker oder schwächer machen?
Was Beziehungen in die Krise stürzt
Liebeskiller Nr. 1 während der Coronakrise ist aus meiner Erfahrung der Verlust einer lebendigen Verbindung der Partner miteinander. Wenn Paare aufhören, miteinander zu reden, sich ihre Gedanken, Träume, Sehnsüchte, Ängste oder Pläne mitzuteilen, sondern nur noch weitgehend stumm nebeneinander her leben, wenn sie sich nur noch über Alltag und Kochen und Einkaufen absprechen und den Abend stumm vor der Netflix- Serie verbringen, dann geht auf mittlere oder langfristige Sicht fast immer die Anziehung zueinander verloren. Bestenfalls bekommt die Beziehung den Charakter einer freundlichen Bruder und Schwester- Beziehung. Schlimmstenfalls nimmt man den Partner kaum mehr wahr als das Möbelstück, das man täglich sieht.
Liebeskiller Nr. 2 ist zu viel Nähe und Enge. Paare und ganze Familien hocken aufeinander, gehen phasenweise nur noch zum Einkaufen aus dem Haus. Es fehlt nicht nur die Zeit, sondern auch der Raum zum Rückzug. Für viele sind auch die Herausforderungen durch das Arbeiten vom home office aus neu und belastend. Der Partner läuft im Hintergrund durch das Bild bei der Videokonferenz. Die Kinder verstehen nicht, dass Mama oder Papa gerade arbeiten. Gleichzeitig fehlt der Ausgleich für diese Nähe, weil man nirgends mehr hin kann. Man sieht den Partner immer und ständig und es gibt für niemanden einen echten Rückzugsraum. Fitnessstudios und Restaurants sind geschlossen oder nur unter Auflagen zugänglich, Urlaube müssen abgesagt werden oder sie können nur unter erhöhten Sicherheitsvorkehrungen stattfinden. Sehr viele Hobbies können nicht mehr ausgeübt werden. Freundschaften werden nicht mehr gepflegt, stattdessen verbringt man oftmals 24 Stunden am Tag an 7 Tagen die Woche in enger räumlicher Nähe mit dem Partner.
Liebeskiller Nr. 3 in dieser Pandemie ist das Überhandnehmen von Stress, Sorgen und Belastungen. Insbesondere berufliche Sorgen bis hin zu handfesten Existenzängsten nehmen hier einen großen Raum ein. Zusätzlich belastet sind auch Angehörige von Risikopatienten, die sich große Sorgen machen müssen, im Falle einer Infektion einen schweren Verlauf zu bekommen. Manchmal machen auch eher diffuse Ängste das Leben schwer. Eine besondere Rolle nehmen hier sogenannte Verschwörungstheorien ein, die den Menschen Angst machen. Selbstverständlich kann auch ungebremster Nachrichtenkonsum und das ständige Befassen mit der Coronakrise das Angstlevel steigern und dazu führen, dass der Fokus sich ausschließlich auf negative und bedrohliche Aspekte der Pandemie lenkt.
Wenn Du diesen Beitrag liest, weil die Coronakrise dazu geführt hat, dass in Eurer Beziehung die Gefühle abgeklungen sind, dann empfehle ich Dir diesen Artikel zum Thema Können Gefühle wiederkommen?
Welche Beziehungen jetzt gestärkt aus der Krise hervorgehen
Während viele Beziehungen stark unter den erhöhten Belastungen leiden und oft auch zerbrechen, gehen andere Beziehungen aus dieser Krise gestärkt hervor. Nicht nur die Trennungsquote ist gestiegen, sondern es gibt auch sehr viele Paarbeziehungen, die von dieser Krise stark profitieren. Das Mehr an Nähe führt bei diesen Paaren zu einem Mehr an lebendiger Verbindung, Zärtlichkeit und Austausch. Oftmals gelingt es den Partnern solcher Beziehungen aber auch, trotz der Nähe zum Partner auch Zeit mit anderen Menschen und Aktivitäten zu verbringen. Wer ganz bewusst und proaktiv mit dieser Krise umgeht, sieht nicht nur die Probleme und Einschränkungen, sondern auch die Chancen und die Herausforderungen, an denen man wachsen kann. Viele Paare genießen das Mehr an Zeit durch das Wegfallen von sehr viel „Ballast“ wie lange Wege zur Arbeit, unnötige Meetings oder gesellschaftlichen Verpflichtungen, die mehr Kraft kosten als geben.
Was Du konkret tun kannst, um Dich und Deine Beziehung zu stärken
Was kannst Du tun, damit auch Deine Beziehung zu den Corona- Gewinnern gehört? Um Deine Beziehung proaktiv zu stärken für die Herausforderung der Zeit, empfehle ich Dir diese Punkte:
- Sorg zunächst einmal dafür, dass es DIR gut geht. Nur wenn Du selbst ein starker, in sich selbst ruhender Partner bist, kannst Du erwarten, eine stabile Beziehung zu führen. Was macht die Pandemie mit Dir? Worunter leidest Du am meisten und was kannst Du tun, um dieses Leiden zu minimieren und so weit wie möglich aus Deiner Beziehung heraushalten?
- Eine Beziehung braucht frische Luft zum Atmen. Immer nur aufeinander zu hocken, belastet jede Beziehung. Hol Dir frische Anreize von außen. Das kann glücklicherweise selbst im härtesten Lockdown gelingen. Verbinde Dich regelmäßig mit Deinen Freunden. Mach Videokonferenzen, anstatt einfach nur anzurufen. Besuche Online- Seminare oder Webinare zu Themen, die Dich interessieren. Beschäftige Dich mit Kochen, frische Deine Sprachkenntnisse auf, entdecke neue Musikrichtungen oder besuche Online- Seminare und Workshops. Richte Deinen Fokus nicht nur auf das, was gerade nicht geht, sondern auch auf neue Chancen und Möglichkeiten, die Du ohne Corona niemals entdeckt hättest
- Mach Sport. Das ist möglicherweise noch wichtiger als zuvor, denn sehr viel Bewegung, die man normalerweise im Alltag hat, fällt jetzt weg. Geh laufen oder walken. Erlerne Yoga, das Internet ist voller wunderbarer und überwiegend kostenloser Ressourcen. Schau Dir Fitnessvideos an und finde welche, die zu Deinen körperlichen Zielen und Fähigkeiten passen. Wenn Du vorher im Fitnessstudio Krafttraining gemacht hast, setze jetzt den Schwerpunkt auf Körpergewichtsübungen wie Klimmzüge, Handstand oder Dips. Wenn Du Mannschaftssport betrieben hast, bereite Dich mit speziellen Kräftigungs- oder Dehnungsübungen auf die nächste Saison vor und lade vielleicht sogar Deine Teamkollegen ein, mit Dir zusammen per Skype oder Zoom dieselben Sessions zu machen.
- Nichts triggert unsere Traurigkeit so sehr wie das Gefühl, etwas verloren zu haben und nicht mehr machen zu können. Richte Deinen Fokus auf das, was Du stattdessen machen kannst! Mit Deinem Partner im Bett frühstücken oder zwischen den Meetings ein gemeinsames Mittagsstündchen verbringen. Wenn das Leben Dir Zitronen gibt, mach Limonade daraus!
- Hilf anderen Menschen, mit der Pandemie besser umzugehen. Beteilige Dich nicht an der Verbreitung von Angst und Misstrauen. Hilf Menschen, die das Gefühl haben, bösartige Politiker planen die Diktatur durch die Hintertür. Verbreite keine Falschmeldungen, die Angst oder Wut oder Hass erzeugen. Hör Deinen Mitmenschen zu, sei für sie da und hilf, ihren Fokus auf positive Dinge zu richten.
- Mach mit Deinem Partner Pläne für die Zeit „danach“. Recherchiert gemeinsam für eine Fernreise, die ihr schon lange machen wolltet. Oder das Wohmobil, das ihr immer schon anschaffen wolltet.
- Wenn Corona Dich wirtschaftlich hart getroffen hat, Du arbeitslos geworden bist oder Dein Geschäft coronabedingt pleite gegangen ist, dann ist jetzt eine gute Zeit, um Dich neu aufzustellen und ein comeback zu planen, stärker als je zuvor. Lern neue Fähigkeiten, Skills oder mach Kurse oder Online- Weiterbildungen. Du lebst in einem Land, in dem Du nicht verhungern musst, sondern Dich neu aufstellen und neu durchstarten kannst.
- Verbringe jeden einzelnen Tag Qualitätszeit mit Deinem Partner, auch wenn es nur 10 Minuten sind. Lebt nicht einfach nur nebeneinander her. Frag Deine/n Partner/in, wie er oder sie sich fühlt, was er oder sie braucht und ob Du etwas machen kannst, damit er oder sie sich besser fühlt. Gib so viel wie Du kannst in die Beziehung, denn je mehr beide Partner geben, umso besser und stärker wird die Beziehung- auch und gerade in diesen Zeiten.
Wie ist Deine Beziehung durch die Pandemie gekommen? Schreib es gern in die Kommentare. Solltest Du persönlich und individuell Rat oder Hilfe suchen, um Deine Beziehung zu verbessern, zu retten oder sogar nach einer Trennung wiederherzustellen, dann erreichst Du mich hier für ein persönliches Coaching.
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